Blog der Präsidentin

eliette_ponem_rot_quer.jpgEliette Thurn, Präsidentin SI Österr. Union 2020-2022 – (c) privat
21.02.2021

EQUAL PAY DAY

Gleiche Bezahlung für gleiche Leistung

Der Equal Pay Day rutscht jedes Jahr ein Stückchen weiter nach vorne   von 2019 auf 2020 um 1 Tag und von 2020 auf 2021 um 4 Tage auf den 21. Februar. Ein Grund zum Feiern? Nein, solange noch immer Frauen für die gleiche Tätigkeit fast 2 Monate umsonst arbeiten, ist jede Verbesserung zwar gut, aber noch nicht gut genug!

Österreich hat einen der höchsten Einkommensunterschiede in der Europäischen Union und gerade deswegen sind oft auch erwerbstätige Frauen von ihren Ehemännern finanziell abhängig. Die Folgen daraus brauchen wir hier jetzt nicht aufzuzählen.

Wir wissen, dass Frauen aber etwas über das Doppelte an Stunden unbezahlter Arbeit erledigen als ihre männlichen Partner. In Familien mit Kindern noch um einiges mehr. Wenn man bezahlte und unbezahlte Arbeit zusammenrechnet leisten Frauen oft mehr Arbeit als ihre Partner.
Wenn wir außerdem berücksichtigt, dass Frauen mit Kindern in Österreich überdurchschnittlich oft in Teilzeit arbeiten, dann erklärt sich die finanzielle Abhängigkeit vieler Frauen. Österreichweit liegt die Teilzeitquote von Frauen derzeit bei fast 50 Prozent, bei Männern ca. 10 Prozent, wobei es gravierende Unterschiede zwischen Stadt und Land gibt.  75 Prozent der Frauen, die nicht Vollzeit arbeiten, tun dies wegen Kinderbetreuungspflichten. Bei Männern ist die Motivation meist eine andere: hier steht mit 43 Prozent, so mehr Zeit für persönliche Interessen und Hobbys zu haben, an erster Stelle.

Daran merkt man, dass der Weg zu einer Gleichstellung und Chancengleichheit am Arbeitsmarkt noch mehrere Maßnahmen benötigt; in erster Linie benötigen wir ein Umdenken.
In Österreich sagen mehr als die Hälfte der Frauen, dass Kinder darunter leiden, wenn Mütter Vollzeit arbeiten (in Schweden und Dänemark teilen diese Meinung nur 20 Prozent). Dies beruht auf der Überzeugung, dass Frauen in erster Linie verantwortlich für die Pflege und die Erziehung ihrer Kinder sind. Hier muss ein Umdenken einsetzen. Frauen und Männer sollen gleichgestellte Partner am Arbeitsmarkt sowie in der Familie sein!

Es muss sich etwas ändern! Wir fordern:  Gleiches Teilhaben am Arbeitsmarkt, der Wirtschaft und der Politik, gleiche Bezahlung für gleiche Leistung, Recht auf Sicherheit und Monitoring der Gleichstellungspolitik. Väter müssen in Karenz gehen, die Hälfte der Verantwortung tragen für alles was unbezahlte Arbeit mit sich bringt und es muss volle Lohntransparenz in den Betrieben geben.

Dann müssen wir nicht mehr über einen Equal Pay Day nachdenken!

 

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23.12.2020

Weihnachten und die Besinnlichkeit

Gedanken zum Jahreswechsel

Ich bin in Italien aufgewachsen und habe schon immer ein Problem mit dem Wort „besinnlich“, das hierzulande immer wieder mit Weihnachten in Verbindung gebracht wird. Auf Italienisch gibt es kein positiv besetztes Wort, um Besinnlichkeit zu übersetzen – und ich weiß auch warum: ich will zu Weihnachten nicht besinnlich sein!!!

Mein Wunsch für Weihnachten (und das wäre es auch heuer) ist Zeit mit Freunden zu verbringen und diese zu umarmen, auf Christkindlmärkten mit einem Becher Glühwein zu schlendern, in der Stadt zu bummeln und Lichter zu bewundern, noch für jeden ein Weihnachtsgeschenk zu kaufen und das alles indem ich gleichzeitig meine Arbeit erledige (warum will immer jeder alles noch vor Weihnachten?), um dann am Heiligen Abend mit meiner großen Familie ein lautes, lustiges, nettes Fest zu verbringen.

Also kein Platz für Besinnlichkeit – und speziell heuer können wir es uns doch eingestehen:  wir hatten seit März mehr als genug Zeit „zum besinnlich sein“!

Etwas gibt es aber doch, das uns nachdenklich und besinnlich machen sollte: Weihnachten ist für viele Frauen keine fröhliche Zeit. Gewalt in der Familie hat vor und um Weihnachten schon immer dramatischen zugenommen und Einsamkeit im Alter ist eindeutig ein überwiegend weibliches Problem. Wir wissen auch, dass Frauen zu den einkommen-schwächeren Bevölkerungssichten gehören, die sich öfter alleine um ihre Kinder kümmern und so gibt es auch heuer viele Frauen, die ihren Kindern keinen Wunsch erfüllen und kein glitzerndes Fest bescheren können ... und damit spreche ich nicht über all das, was heuer noch schwieriger ist, aufgrund von Corona.

In diesem Sinne wünsche ich allen ein frohes Fest, eine kurze Auszeit aus schwermütigen und besinnlichen Gedanken, ein Fest, in dem wir aus der Ferne die Nähe zu denen, die wir lieben, spüren und die Zeit mit denen genießen, die um uns sind.

Frohe Weihnachten und ein gutes gesundes neues Jahr.

 

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25.11.2020

Nur wenn wir alle umdenken ...

... können wir Gewalt an Frauen besiegen!!!!.

Frauen erleben an vielen Orten Gewalt, an öffentlichen Orten, am Arbeitsplatz und in der Familie, und auch viele Formen der Gewalt von physisch bis zu psychisch.  Nur durch Schaffung von Bewusstsein können wir etwas bewegen.

Seit Jahrzehnten werden Bemühungen gesetzt, um Gewalt an Frauen zu bekämpfen, aber erschreckenderweise tut sich sehr wenig, im Gegenteil die Zahlen sagen uns, dass es immer schlimmer wird und der Grund dafür ist, dass wir nach wie vor in einer patriarchalisch geprägten Gesellschaft leben, an der Männer – aber auch Frauen – festhalten.

Über eine Freundin habe ich von einer Frau erfahren, ein Opfer von häuslicher Gewalt; das Schlimmste für sie war, dass die Nachbarn immer an Ihrer Tür geklopft haben, wenn die Kinder zu laut waren, aber nie, wenn sie von ihrem Mann geschlagen wurde.  Viel zu oft wird Gewalt in der Familie als Privatangelegenheit betrachtet: und gerade da setzt eine Kampagne wie „Orange the World“ an. Es muss uns allen bewusst sein, dass keine Form an Gewalt geduldet werden kann.

Viel zu oft sind wir in unserer Gesellschaft auch sehr schnell dabei, Ursachen für eine Gewalttat zu suchen. „Victim Blaming“ findet in den Medien, aber auch in unseren Köpfen statt.  Hier müssen wir ansetzen und  nie folgende Fragen stellen: was hatte sie an? War sie alleine unterwegs? War er betrunken? War sie betrunken? War es das erste Mal? War sie ihm untreu? War er sonst immer nett? … das ist alles irrelevant.  Gewalt ist Gewalt  und ist unter keinen Umständen zu rechtfertigen.
Gerade dieses Verhalten hält auch viele Opfer davon ab eine Anzeige zu erstatten und das geht so weit, dass Opfer am Ende selbst glauben „es nicht besser verdient zu haben“.

Einige Verhaltensmuster von Männern werden schon damit wie selbstverständlich hingenommen, weil Männer eben Männer sind. Aber dieses scheinbare Gewohnheitsrecht darf in unserer Gesellschaft keinen Platz mehr finden.
Erschreckend ist die Tatsache, dass nur geschätzte 8,8 % der Frauen, die eine Vergewaltigung erlebten, Anzeige erstatten.  Ältere Untersuchungen (aus den 80er Jahren) gehen von Dunkelziffern zwischen 1:10 bis 1:25 aus. Nur 6,4 % der Frauen mit sexueller Gewalterfahrung erstatteten Anzeige.
Wir sehen, dass die Situation nicht besser wird. Im Gegenteil, junge Frauen sind mit neuen Formen der Gewalt konfrontiert. Neue Medien eröffnen neue Möglichkeiten an Gewalt. Unzählige junge Frauen sind mit „Revenge Porn“ konfrontiert. Ein Mann, erotische Fotos seiner Freundin versendet, hat von der Gesellschaft nichts zu befürchten, die abgebildete Frau aber sehr wohl!!! Frauen werden für ihr Verhalten schnell verurteilt und leichtfertig als Mittäterinnen gesehen, aber das ist alles irrelevant:  Gewalt ist Gewalt.
Das Thema Gewalt an Frauen ist heuer leider noch aktueller als sonst. Leider sind die Zahlen häuslicher Gewalt gestiegen, wobei wir von einem ganz starken Anstieg der Grauzahlen ausgehen müssen. In Zeiten der Quarantäne war und ist es vielen Frauen nicht möglich ihre Peiniger anzuzeigen. Und sie werden in Zeiten der Krise sogar noch viel resilienter.

Deswegen bin ich überzeugt, dass die Kampagne Orange the World so wichtig ist, denn Gewalt an Frauen bekämpft man in erster Linie in den Köpfen der Gesellschaft!!!

 

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04.11.2020

Digital gegen die psychosoziale Pandemie

Der 2. Lockdown beeinflusst unser Leben enorm und die Geschehnisse vom 2. November in Wien haben uns alle tief erschüttert.
 
Wir befinden uns nicht nur in einer Corona-Pandemie, sondern auch in einer psychosozialen Pandemie,  die – laut Studien der Sigmund Freud Privat-Universität – ein Viertel der Bevölkerung betrifft. Menschen sind von Ängsten begleitet und vielen unterschiedlichen (neuen) Stressfaktoren ausgesetzt. Zudem erleben wir auch eine Polarisierung der Gesellschaft: die einen, die weiterhin in Angst vor einer Ansteckung leben – die anderen, die von Corona nichts mehr wissen wollen. Allein diese Extreme belasten.
Es ist also wirklich eine herausfordernde Zeit!
Sicher ist aber auch, dass unser Handeln mehr denn je gefordert ist!

Viele von uns haben bereits erlebt, dass Online-Meetings (MS Teams, Zoom, ..) ein Präsenztreffen zwar nicht ersetzen können, aber derzeit die einzige Möglichkeit sind, unsere Clubmeetings durchzuführen. Bitte nützt die Technik, Clubmeetings müssen einfach stattfinden (Statuten).
Und bitte haltet weiterhin eine aktive Gemeinschaft im Club aufrecht! Kontaktiert Clubschwestern auch einzeln, diejenigen, mit denen Ihr eng verbunden seid und diejenigen, die Euch vielleicht nicht so nahestehen, oder zu denen Ihr nicht immer einen so direkten Draht hin findet. Jeder Club lebt von der Vielfalt – der Unterschied macht uns aus und die Ergänzung verbindet uns.

Und bleibt kreativ. Vielleicht können Eure Projekte nicht mehr in gewohnter Form durchgeführt werden, aber es gibt vieles, was wir tun können, ohne physischen Kontakt zu haben. Projekte sind das Herzstück unserer Arbeit und sie sichern den Zusammenhalt in den Clubs – ganz besonders in schwierigen Zeiten.

Wir können derzeit keine Veranstaltungen durchführen, das betrifft ganz besonders unser Projekt Orange the World, für das Ihr alle schon viel Vorbereitungsarbeit geleistet habt. Aber wir können die Gebäude beleuchten, so auf das Thema hinweisen und aktive Pressearbeit machen – die ist jetzt wichtiger denn je.
Weist dabei auch darauf hin, dass ...
•    wir unseren Töchtern klar machen, dass sie keine Gewalt dulden dürfen
•    unsere Söhne wissen sollen, dass Partnerschaft Gleichstellung bedeutet
•    wir starke Männer benötigen, die an fremden Türen klopfen und so Gewalt stoppen können
•    Gewalt an Frauen präsent ist, auch dort wo man sie nicht sieht


 

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05.10.2020

Warum Gleichberechtigung nicht Gleichstellung und Feministin kein Schimpfwort ist!!!

Seit 1.10.2020 habe ich die Ehre Präsidentin der Union der Soroptimist Clubs Österreichs zu sein. In dieser Funktion und mit „100 Jahre Soroptimismus“ vor der Tür muss ich mir nochmals gut überlegen, wofür ich kämpfe und welche Ziele ich in den nächsten zwei Jahren erreichen möchte. Welches Feuer kann ich den vielen tollen Frauen weitergeben, die mit mir begeisterte Soroptimistinnen sind und sich für Frauen und Mädchen in den österreichischen Clubs einsetzten?
Immer wieder merke ich, dass Soroptimistin zu sein eine Gratwanderung ist. Wir wollen die Frauen sein, die durch unser Vorbild, unsere Intelligenz und unseren Fleiß der Welt klar machen, dass Frau und Mann gleich sind! Wir wollen in unseren Gemeinden Frauen und Mädchen unterstützen und fördern und wir wollen uns bei der UNO für die Frauenrechte starkmachen, aber wir wollen nicht auf die Barrikaden gehen …
Feministinnen waren für mich lange die absolut emanzipierten Frauen, die Männer hassten, in einem matriarchalen System leben wollten, ihre Weiblichkeit unterdrückten und auf die Barrikaden gingen! Das war nicht ich. Zum Glück habe ich mich geändert, aber auch das allgemeine Bewusstsein: Feminismus ist (laut Duden) die Richtung der Frauenbewegung, die von den Bedürfnissen der Frau ausgehend, eine grundlegende Veränderung der gesellschaftlichen Normen und der patriarchalischen Kultur anstrebt. Das ist was ich anstrebe und wofür ich mich einsetze. Ich bin Feministin! Alle Soroptimistinnen sind Feministinnen.
Immer wieder höre ich, dass wir in einem Land leben, das die rechtliche Gleichberechtigung vorsieht und dennoch – wir Frauen wissen, dass das wenig bedeutet, wenn man in einem Land lebt, in dem die patriarchalen Familienbilder die Gesellschaft prägen. „Frauen sollen nicht in Führungspositionen kommen, dass wäre nicht mit ihren Verpflichtungen in der Familie in Einklang zu bringen“ und „die ideale Berufswahl ist ein Job, der irgendwann das Part-Time ermöglicht, damit man sich um die Kinder kümmern kann“ oder „der Mann hat das Sagen bezüglich Finanzen, Haus und Auto … da kennt er sich sicher besser aus“, „Frauen haben das Objekt der Begierde zu sein!“ … welche kurz- und langfristigen Fallen das mit sich bringt, ist nicht einmal allen Frauen bewusst! Viel zu lang haben Männer und Frauen weggeschaut, wenn Gewalt jeglicher Art an Frauen ausgeübt wurde (von „Familiensache, geht niemanden was an“, „andere Kultur“ bis zu „die ist zu empfindlich“ und „es ist ja nur so“).
JETZT IST SCHLUSS DAMIT!!!!
Wir fordern, dass Männer genau so viel Verantwortung übernehmen wie Frauen, wenn es sich um Familie und unbezahlte Betreuungsaufgaben handelt, damit Frauen die Verantwortung in Politik und in Unternehmen übernehmen können, die ihnen zusteht! Jungen Frauen soll die Perspektive ermöglicht werden berufliche Ziele anstreben zu können. Junge Mütter sollen in die Lage versetzt werden, sich um das ältere Ich zu kümmern. Frauen sollen die Möglichkeit haben selbstbestimmt und sicher vor Übergriffen aller Art zu leben …
Dafür werde ich mich in den nächsten 2 Jahren einsetzen, denn
ICH BIN SOROPTIMISTIN!


 

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